Bischofswort zum Abschied vom Bischofsamt
Bischofswort
zum Abschied vom Bischofsamt und
im Hinblick auf die Wahlsynode 2023
Wien, am 27.1.2023
Liebe Glaubensgeschwister der Altkatholischen Kirche Österreichs,
liebe Freundinnen und Freunde!
Als Ihr Bischof habe ich die vergangenen Jahre seit meiner Wahl im Oktober 2015 im Licht der kirchlichen und staatlichen Öffentlichkeit gelebt und konnte mit Ihnen gemeinsam manches bewegen und gestalten. Zugleich immer so, dass ich – zwischen Ergriffenheit und Amüsement pendelnd – alle Unsicherheiten miterlebte, mit denen sich Menschen in den vordersten Reihen tagtäglich auseinandersetzen müssen. Bei all dem, was ich im kirchlichen und öffentlichen Leben mitgetragen habe, hat mich stets der Zweifel begleitet. Mit ihm zu leben habe ich mühsam gelernt, heute begrüße ich ihn freundschaftlich, sobald er mir begegnet.
Nun, da meine Amtszeit zu Ende geht, gilt es Abschied zu nehmen. Abschied von der verantwortlichen geistlichen Leitung. Dies ist natürlich kein Abschied vom seelsorglichen Mitwirken in unserer Kirche. Weiterhin bleibe ich mit Ihnen, mit Euch, verbunden, im Gebet und Mitdenken.
Immer war dies meine Überzeugung: Gott ist großartig und großzügig, ER ist menschenfreundlich. ER ist die Liebe, auch wenn er nicht immer, vielleicht nur ganz selten „lieb“ ist, wie es bei uns so gern formuliert wird. Denn: Was Menschen einander antun können, das erleben wir tagtäglich, wenn wir die Nachrichten hören. Das Wunder der göttlichen Zuwendung ist nach meinem Empfinden stets größer als unser Herz – und doch zugleich gebunden an die Bereitschaft, einander zu verzeihen.
Das ist die Grundmelodie unseres Glaubens: „Erschienen ist die Güte und Menschenfreundlichkeit unseres Gottes“. Auf diese Melodie hören wir, sie ist das Leitmotiv unseres Glaubens. An ihr können wir uns freuen und zugleich wird sie zum Maßstab für unser eigenes Leben.
Mit dieser Grundmelodie sind wir Christinnen und Christen gefordert, jene Melodien wahrzunehmen, die uns umgeben. Gleichwertigkeit der Geschlechter, Achtung und Respekt davor, was andere denken und fühlen, Streben nach gewaltlosen Konfliktlösungen, die Grund- und Freiheitsrechte, die Erhaltung der Lebensgrundlagen unseres Planeten – und vieles andere mehr, was im öffentlichen Diskurs eine Rolle spielt. Alle Themen der jeweiligen Gegenwart mit der Grundmelodie des Christseins zu verbinden und den Willen Gottes zu suchen, das ist, so denke ich, von den Anfängen an ein Merkmal altkatholischer Spiritualität. Dass dies zu Diskussionen und Konflikten führt und zu neuen Spaltungen in der Christenheit, erleben wir auch in unseren Tagen. Das Beten für die Einheit und den Frieden in der Welt wird und darf nicht aufhören.
Es bleibt mir immer ein Anliegen, die unterschiedlichen Zugänge zur Liturgie zu achten, wie sie in den einzelnen Gemeinden gepflegt werden. Mir persönlich wichtig ist ein Bemühen um eine Sprache, die bei allen Versuchen, Gott zu verstehen und verständlich zu machen, ihn/sie – im Licht des Geheimnisvollen belässt. Poesie und Musik sagen manchen Menschen – auch mir – mehr, als rationale Erklärungen. Und besonders die Begegnung mit Gott ist etwas sehr Persönliches, darüber kann man nur in einer Atmosphäre des Vertrauens sprechen, Gott bleibt immer jenseits von unseren Vorstellungen.
Ich bin zuversichtlich, dass es noch eine geraume Zeit – Gott allein weiß, wie lange – Altkatholikinnen und Altkatholiken braucht, um das Evangelium in die Welt zu tragen. Der Wirkungsbereich unserer Kirche geht, so habe ich es in den letzten Jahren immer wieder erfahren, weit über unsere konfessionelle Grenze hinaus. Das darf uns mit bescheidenem Stolz erfüllen. Sicher ist: Im Konzert der Ökumene spielen wir nur die Triangel, diese kann entweder den passenden Akzent zur rechten Zeit setzen oder zur Unzeit einen peinlichen Misston abgeben.
Im bischöflichen Dienst müssen auch Entscheidungen gefällt werden, die kritisiert werden können. Ich danke allen Kritikerinnen und Kritikern. Sie haben mir neben mancher schlaflosen Stunde – Nächte waren es Gott sei Dank nie – weiter geholfen, neue Blickwinkel wahrzunehmen und mir bewusst zu machen, auf Gottes und der Menschen Großzügigkeit angewiesen zu sein.
Wenn wir uns nun auf die Wahl für den bischöflichen Dienst vorbereiten, die am 22.4.2023 stattfindet, dann tun wir es im Vertrauen darauf, dass Gott die Kirche leitet und Jesus Christus uns vorangeht. Was immer wir als Menschen tun können: Unser Leben ihm anzuvertrauen in Dankbarkeit für alles, was gut ist, was gelungen ist und uns Freude macht. Die Kraft des Geistes Gottes mögen wir dankbar wahrnehmen. Bedenken wir diejenigen, die sich bereit erklärt haben, zu kandidieren, mit unseren Gebeten. Und halten wir den Geist der Fairness hoch in unseren Gesprächen und Diskussionen.
Leben Sie wohl – Gott behüte und segne uns! Bleiben wir unterwegs, bleiben wir geborgen in Gottes Liebe. Und gönnen wir uns den Humor, das jesuanische Wissen um die Vögel des Himmels, denen Gott gibt, was sie brauchen. Er wird auch uns geben, was gut für uns ist.
In Verbundenheit
+ Heinz Lederleitner
Bischof der Altkatholischen Kirche Österreichs